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stadtinfo-juni-2015

Juni 2015 Unsere Geschichte Vor 500 Jahren: Wandgemälde in St. Erasmus Eine besondere Rarität in der Kunstgeschichte Kirchen, welche dem heiligen Bischof geschlagen, bitt für uns“ oder „Hl. Eras- Sein Attribut waren daher ursprünglich und Märtyrer Erasmus von Antiochien mus, dem die Augen ausgestochen Schiffstaue, welche im deutschen geweiht sind, sind in unserer Gegend worden“. Für heutige Gemüter wirken Sprachraum später fälschlicherweise als relativ selten zu finden. Im Landkreis die Darstellungen vielfach befremdlich. seine Gedärme gedeutet wurden. Aus Mühldorf hatte nur noch die Schlosska- In früheren Jahrhunderten gehörten für diesem Grund wurde Erasmus hier zu pelle von Zangberg bis zu deren Abriss Menschen grausame Folterungen und Lande vor allem bei Bauchkrankheiten 1868 ein Erasmus-Patrozinium. Dass öffentliche Hinrichtungen aber zu ge- als Schutzpatron angerufen. Im Denken der Waldkraiburger Ortsteil St. Erasmus wohnten Vorgängen der staatlichen der Menschen von damals konnte ein seinen Namen der dort seit dem späten Strafjustiz. Märtyrer, der viele Leiden ertrug, umso Mittelalter stehenden Filialkirche ver- mehr Fürsprache bei Gott erlangen. Das dankt, ist im ganzen deutschen Sprach- erklärt die grässlichen Darstellungen in raum einzigartig. Bis 1945 gab es noch der Kirche. Dass die Kirche in St. Eras- ein kleines Dorf im ehemals deutsch- mus tatsächlich Ziel von Wallfahrern sprachigen Böhmerwald, welches war, beweist eine Kirchenrechnung von gleichfalls den Namen „Erasmus“ trug. 1737. Ein Kraiburger Schreiner wurde Wann der spätgotische Kirchenbau in beauftragt für 240 Votivtafeln neue Rah- St. Erasmus am Inn genau errichtet men zu fertigen. Ein 13. Bild zeigt zudem wurde, ist nicht überliefert. Das älteste eine Außenansicht der Filialkirche mit schriftliche Zeugnis des Ortsnamens pilgernden Gläubigen, darüber schwe- stammt vom 24. April 1398. In dieser bend der Kirchenpatron. Laut Inschrift Mühldorfer Gerichtsurkunde wird ein wurde das Gemälde in den Jahren 1631, Bauer mit der Angabe „von Sand 1728 und 1771 nacheinander renoviert. Erasm“ genannt. Die jeweiligen Stifter - Bürger aus Krai- Die Dorfkirche besitzt eine reiche baro- burg - haben sich namentlich und mit cke Ausstattung (vier Altäre und eine ihren Familienwappen verewigt. Kanzel) sowie mehrere prächtige De- Im 19. Jahrhundert hatte man wohl für ckengemälde des Rokoko. Das weitaus diese Folterdarstellungen kein Ver- älteste Kunstwerk im Gotteshaus stellt ständnis mehr. Das Wandbild wurde aber ein Gemälde dar, welches sich an daher im Rahmen einer Kirchenrenovie- der Nordwand im zweiten Joch des Kir- rung 1883 übertüncht. Vermutlich ver- chenschiffs befindet. Das Wandbild, schwanden in dieser Zeit auch alle an- dessen Maler unbekannt ist, stammt Die Vita des Bischofs Erasmus, der An- deren Zeugnisse des Wallfahrtskultes, aus dem Jahr 1515. Laut Inschrift hatte fang des 4. Jahrhunderts in Syrien wirk- so z.B. die Votivtafeln und die Ton- der Kraiburger Gerichtspfleger Bern- te, ist im Lauf der Zeit auch mit anderen kopfurnen, welche Pilger zum Dank hard von Trenbach, der sich damals Heiligenlegenden verwoben worden. hierher brachten. Als man schließlich unmittelbar nördlich der Filialkirche Sein Namensfest wird am 3. Juni gefei- im Jahr 1913 die Empore vergrößerte, einen Edelsitz erbaute, das Gemälde in ert und zählt zu den 14 Nothelfern. Er wurde ein kleiner Teil der Wandbilder Auftrag gegeben. Das Bild zeigt, teilwei- soll angeblich aus Syrien mit einem zerstört. Dies wurde bei der Freilegung se in sehr drastischen Szenen, verschie- Schiff über das Mittelmeer bis nach des Gemäldes 1955 sichtbar. Mit viel dene Martyrien des Bischofs Erasmus. Formia in Süditalien geflohen sein. Sein Aufwand wurde es in den Jahren 2001 Jedes der zwölf Bilder ist mit einer klei- Grab befindet sich im Dom San Eramo bis 2006 restauriert. Das 500 Jahre alte nen Textbeschreibung versehen. So in Gaeta bei Neapel. Der Heilige wird Gemälde gilt in der Kunstgeschichte als heißt z.B. „Hl. Erasmus, der mit Kolben hier vor allem als Schiffspatron verehrt. eine besondere Rarität. Stadt Waldkraiburg Stadtbau Stadtwerke Stadtmarketing Haus der Kultur Rathaus Waldkraiburg GmbH Waldkraiburg GmbH Waldkraiburg GmbH Braunauer Straße 10 Stadtplatz 26 Meisenweg 1 Meisenweg 1 Stadtplatz 26 84478 Waldkraiburg 84478 Waldkraiburg 84478 Waldkraiburg 84478 Waldkraiburg 84478 Waldkraiburg Telefon: 08638/959 0 Telefon: 08638/9686 0 Telefon: 08638/948 400 Telefon: 08638/959 4580 Telefon: 08638/959 313 www.waldkraiburg.de www.stadtbau- www.stadtwerke- www.stadtmarketing- www.kultur- waldkraiburg.de waldkraiburg.de waldkraiburg.de waldkraiburg.de 23


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